Montag, 14. Februar 2011

Science Fiction zeigt wie einige sich Zukunft vorstellen

Vor ein paar Tagen war ich im Film Tron: Legacy. Ich gehöre zu denen, die den Vorgängerfilm Tron vor rund 30 Jahren ebenfalls gesehen haben.

Das war damals einer der ersten Filme, in denen das Thema Minduploading im Prinzip vorhanden war. Natürlich ist die im Film dargestellte Form des Minduploadings wenig realistisch. Aber ein prinzipiell existierender kleiner Kern an Bezug zu einer theoretischen Machbarkeit ist vorhanden.

Genau das finde ich immer spannend an Science Fiction: Die Frage, was da wie realistisch ist und was nicht.

Ich will hier über den Inhalt von Tron nicht viel erzählen. Den setze ich einfach mal voraus. Das erzählerische Hauptmotiv des Films ist einfach die Vorstellung, dass Programme in einem Computer eine bewusste Identität haben und menschenähnliches Verhalten aufweisen. Auf dieser Idee baut die ganze Story auf.

Der Autor ist wohl dazu gekommen, weil bei komplexer Software niemand mehr alle Details durchblickt und bei diesen Milliarden von Einzelvorgängen ein bestimmtes Softwareverhalten entsteht, das auch der Programmierer nicht immer nachvollziehen kann, ohne genaue Analyse.

Bestes reales Beispiel ist ein Schachprogramm. Zwar kann man relativ einfach Regeln zum Schachspielen programmieren. Aber wie sich ein Schachprogramm entscheidet, hängt eben auch von den Millionen sich ergebenden Stellungen ab, die es bei einem Spiel analysiert. Die jedoch kennt kein Programmierer im voraus.

In Wahrheit entsteht komplexes Verhalten immer aus der Summe von extrem vielen einfachsten Rechenschritten.

Bei Tron wird es im Prinzip aber genau anders dargestellt. Das Verhalten des Computers ergibt sich dort aus dem Zusammen-spiel vieler sehr komplexer (weil menschenähnlicher) Programme. Die inneren Software-komponenten sind eigentlich sogar komplexer als das Gesamtsystem. Und nur durch gelegentliche merkwürdige Reaktionen des Computers bekommt man Hinweise auf eine verborgene tiefe Komplexität.

So hat z.B. in Tron Legacy jemand eine Message bekommen von einem Computer und der Absender war unbekannt. Hinter dieser an sich harmlosen Sache verbarg sich dann ein Programm, das einen User in den Computer locken wollte. Dieses Beispiel veranschaulicht sehr schön, was ich eben geschrieben habe.

Der Film Tron mystifiziert daher die Vorgänge im Computer. Bei Tron: Legacy ging es in diesem Stil weiter.

Interessant war, dass ein in den Rechner geladener User dort auch weiter altert. Ebenso merkwürdig waren Helme für Motorradfahrer im Computer. Hier merkt man, was ich auch schon oft in Diskussionen über die Zukunft beobachtet habe: Es wird auf bestimmte Unterschiede zur Gegenwart aufmerksam gemacht, aber es besteht ein naiver Glaube bzw. Phantasielosigkeit, dass bestimmte heute selbstverständliche Details eine dauerhafte Gültigkeit haben.

Auch die Tatsache, dass die Programme im Film überhaupt durch Menschen dargestellt werden, zeigt, wie starr die Gedankenwelt und die Perspektive vieler Leute ist, selbst wenn sie Gelegenheit haben, über hochentwickelte Technologie zu spekulieren. Der Maßstab ist eben immer das, was man kennt. Und es fällt schwer, sich davon zu lösen.

Und daher zeigt der Film Tron ein prinzipielles Problem auf, das viele Menschen bei Zukunftsprognosen haben:

Wegen des Unwissens über die technischen Zusammenhänge kommt es zu Mystifizierungen und wilden Phantasien. Andererseits mangelt es an der Vorstellung, dass durch zukünftige Möglichkeiten viele Istzustände nicht mehr existieren werden. Es gibt also zwei Kräfte bei Zukunftsprognosen. Die erste Kraft führt zu völlig übertriebenen Vorstellungen. Und die zweite Kraft führt dazu, dass man die Zukunft in vielen Dingen mit der heutigen Welt vergleichbar hält.

Es ist eine große Kunst, zwischen diesen Kräften genau das realistische Mittelmaß zu treffen.

Obwohl der Film beide Fehler massiv enthält, ist er spannend und unterhaltsam und lohnt sich.