Samstag, 12. März 2011

Zukünftige Ereignisse lassen sich in der Gegenwart messen

Der Titel dieses Beitrags klingt intuitiv falsch. Er ist jedoch wahr, wenn man Statistik und Wahrscheinlichkeitsrechnung als rationale Konzepte akzeptiert. Die Physiker tun dies z.B. in ihren elementarsten Theorien auch. Anhand von Beispielen will ich erklären, wie man Aspekte seiner eigenen Zukunft und die Zukunft der Menschheit heute schon "messen" kann.

Unter der naturwissenschaftlich üblichen Annahme, dass vergleichbare Objekte sich in vergleichbaren Situationen  vergleichbar verhalten, kann ich das Verhalten eines Objektes studieren, allein dadurch, dass ich ein zweites vergleichbares Objekt studiere.Ich kann z.B. die Eigenschaften eines Sandhaufens studieren, indem ich mir einen zweiten vergleichbaren Sandhaufen nehme und diesen studiere.

Wenn es schwierig ist, zu entscheiden, ob bestimmte Unterschiede verschiedener Objekte zu signifikant unterschiedlichen Ergebnissen führen würden, dann nehme ich eben möglichst viele vergleichbare Objekte. Ergibt sich dabei trotz einzelner Unterschiede tendenziell ein vergleichbares Verhalten, dann habe ich nachweislich eine Erkenntnis über das nicht untersuchte Objekt gefunden - mit einer kalkulierbaren Fehlerwahrscheinlichkeit.

Tendenziell sehen Menschen mit zunehmenden Alter immer älter aus. Da man selber ein Mensch ist - also ein vergleichbares Objekt - sollte man damit rechnen, dass man mit zunehmenden Alter in Zukunft auch älter aussehen wird. Jeder junge Mensch kann heute ältere Menschen beobachten und daraus statistische Schlüsse über seine eigene Zukunft ziehen. Man kann daher seine eigene Zukunft teilweise schon heute statistisch messen.

Problematisch dabei ist, dass die Rahmenbedingungen sich natürlich im Laufe der Zeit ändern. Zweites Problem: Menschen sind individuell sehr unterschiedlich. Daher sind halbwegs sichere Aussagen oft nicht zu bekommen.

Aber nehmen wir einmal die Frage, ob man sterben wird. Nach allem was wir wissen ist praktisch jeder Mensch spätestens mit 120 gestorben. Diese Regel ist extrem signifikant. Denn es gab bisher viele Milliarden Menschen, auf die diese Regel zutrifft und so gut wie keine Ausnahme. Mit dem Zusatzwissen, dass Medizin in den letzten Jahrzehnten zu immer längerer durchschnittlicher Lebenszeit geführt hat, darf man hoffen, dass die durchschnittliche Lebenserwartung weiter steigt. Aber ganz offensichtlich ist das hoch signifikante Phänomen, dass Menschen schon immer gestorben sind, für die eigene Zukunft so gut wie sicher einzuplanen.

Natürlich, die Medizin war noch nie so weit wie heute. Aber die Milliarden Jahre streng gültige Statistik ist erdrückend und daher ein extrem starkes Argument. Es wäre wesentlich unwahrscheinlicher als ein Lottogewinn, wenn man nach einer Ära von Milliarden Jahren nun eines der ersten Lebewesen sein sollte, das die eigene Alterung mittels technologischer Verfahren in den Griff bekommt. Wenn dies tatsächlich passieren sollte, müsste man unbedingt eine vernünftige Erklärung für diese Unwahrscheinlichkeit finden. Jede Erklärung der Art: "Na ich bin eben einfach zufällig in der richtigen Zeit geboren" wäre vollkommen irrational. Denn es wäre nicht nur irgendein Zufall sondern es wäre ein unvorstellbar extremer zeitlicher Zufall eines extrem bedeutsamen Ereignisses. Selbst wenn in den nächsten 1000 Jahren "erst" das Altern besiegt wird, wären wir alle in kosmischen Zeitmaßstäben in wundersamer Weise extrem dicht an diesem Ereignis. 

Kann man auch etwas über die Zukunft der Menschheit schon heute "statistisch messen"? Antwort: ja. Und das sieht leider alles andere als gut aus. Wenn wir das statistische Prinzip anwenden wollen, müssen wir erst mal vergleichbare Objekte zu dem "Objekt Menschheit" untersuchen. Da ist aber im großen Weltall uns bisher nichts aufgefallen. Man könnte sagen, wir würden uns selbst nicht erkennen, wenn wir uns in einem nur 50 Lichtjahre entfernten galaktischen Spiegel betrachten sollten. Das ist aber eine extrem schwache Erklärung dafür, dass wir keine Spuren einer Zivilisation im All bisher finden konnten. 

Man kann berechnen, dass mit sehr langsamen Raumschiffen eine Kolonialisierung der Milchstraße in 20 bis 40 Millionen Jahren machbar ist.

Zitat
Wenn in der Milchstraße auch nur eine einzige Zivilisation existiert, die zu interstellarer Kolonisation fähig ist, dann könnte die gesamte Galaxis innerhalb weniger Millionen Jahre vollständig kolonisiert sein. Die Milchstraße ist nun weitaus älter als die notwendigen 20 bis 40 Millionen Jahre; folglich sollten außerirdische Zivilisationen überall in unserer galaktischen Nachbarschaft existieren. Bisher konnte jedoch kein Hinweis auf extraterrestrische Zivilisationen gefunden werden.

Eine Weiterentwicklung einer intelligenten Zivilisation ist aber praktisch zwingend mit ständiger Expansion verbunden. Da wir schon relativ gut das Weltall beobachten können, darf man relativ wahrscheinlich ausschließen, dass wir eine vorhandene Kolonialisierung  einfach nur übersehen haben. Bleibt als Erklärung:
Entweder sind wir die erste oder gar einzige intelligente Zivilisation. Oder intelligente Zivilisationen sind dazu verdammt auszusterben, bevor sie eine rettende Expansion ins Weltall schaffen.

Es ist sehr vermessen zu vermuten, man wäre der erste oder gar der einzige in diesem riesigen All. Und daher ist die wahrscheinlichste Prognose für die Menschheit, dass sie es nicht mehr allzu lange schafft. Denn rein technologisch stünde eigentlich einer Expansion ins All in den nächsten 1000 Jahren nicht viel entgegen. 

Wie dem auch sei. Die Frage nach der Existenz der Ausserirdischen ist erstaunlich eng gekoppelt mit der Frage nach der Zukunft der Menschheit.

Wir haben hier zwei rätselhafte Fragen: Einerseits ist zu erwarten, dass spätestens in 1000 Jahren das Altern besiegt ist. Frage 1: Warum leben wir gerade so dicht an diesem extrem bedeutsamen Ereignis in der Entwicklung intelligenter Zivilisationen? Andererseits sollten wir spätestens in 1000 Jahren ins All expandieren. Warum scheint im Universum keine Zivilisation zu sein, die uns mit einer Kolonialisierung zuvor gekommen ist?
Im nächsten Artikel werde ich eine verblüffende Antwort auf diese Fragen vorschlagen.