Mittwoch, 29. Juni 2011

Die Visionen der 60er

Ich bin eben auf eine Seite über die Zukunftsvisionen der 60er gestossen. Das hat mich an ein "Zukunftsbuch" erinnert (70er), das ich damals voller Begeisterung mir immer wieder ansehen musste.

Leider leider ist aus den meisten Prognosen (noch) nichts geworden.

  • Auch damals war schon von Kryonik die Rede. 
  • Von interkontinentalen Reisen in Vakuumröhren durch den Ozean mit 20 facher Schallgeschwindigkeit. 
  • Gigantische Städte, die aus extrem wenigen aber dafür umso kolossaleren High-Tech-Gebäuden bestehen sollten.
  • Kunstnahrung.
  • Nobelpreis hätte schon längst ein Computer mit künstlicher Intelligenz haben müssen.
  • Auf dem Mond hätte es schon längst bevölkerte Mondfarmen geben sollen.
  • So, wie man sich die Elekrizität zunutze machen konnte, versprachen sich einige Visionäre die Beherrschung der Gravitation und somit fliegende Untertassen, die sich vom Gravitationsfeld der Erde abschirmen können.
  • Ebenso wurde die Beherrschung des Wetters und des Klimas prognostiziert. Regen hätte demnach nach verhindert und produziert werden können.
  • Wir hätten überdies schon längst mit Terraforming beginnen müssen, also der Bewohnbarmachung anderer Planeten wie Venus und Mars.
  • Die durchschnittliche Lebenserwartung in Wohlstandsländern prognostizierte man für das Jahr 2000 auf 100 Jahre.
  • Mitte der 90er hätte das Öl aufgebraucht sein sollen. Wir müssten 24000 Kernkraftwerke heute haben statt rund 440.
  • Längst hätten wir Solarkraftwerke im All haben sollen und Kraftwerke, die Materie mit Antimaterie zerstrahlen lassen.
Weitere Details sind hier zu lesen:
Ich weiß, dass jetzt im Nachhinein viele Menschen schlauer sein wollen als die damaligen Futurologen.
Man hätte es doch wissen können, dass all das nicht passiert...
Hätte man?

Die 60er Jahre waren wegen der Weltraumfahrt zum Mond die technologisch bedeutsamsten Jahre der Menschheit. Es ist absolut nachvollziehbar, dass man ausgehend von dieser gewaltigen Erfolgswelle sich mehr erhofft hatte für die kommenden Jahrzehnte.

Natürlich kann man heute alles genau analysieren und Gründe nennen, warum vieles anders gekommen ist als man es dachte. Immerhin sind ja auch viele Dinge passiert, die völlig unterschätzt wurden, wie der enorme Anstieg der weltweiten Kommunikation und der Zugriff auf weltweite Information.

Aber was vor allem auffällt: Die Träume waren auf Zeiträume ausgerichtet, die noch in dem Bereich der Lebenserwartung der Prognostiker fielen. Andererseits waren ja es noch immerhin ein paar Jahrzehnte hin, so dass man es aus damaliger Sicht kaum widerlegen konnte.

Und genau dieses Spiel wiederholt sich heute nach der gelungenen Entschlüsselung des Genoms.
Es ist schon sehr verdächtig, wenn von irgendwelchen Errungenschaften die Rede ist, die in ein paar Jahrzehnten kommen sollen. Prognosen in diesem Zeitraum sind hochgradig gefährdet durch subjektive kognitive Verzerrung.

Waren die Prognosen der 60er wirklich Blödsinn? Einige waren in der Tat hochspekulativ ohne gute Evidenz. Die Beherrschung der Gravitation zweifelte ich schon damals an.

Heute scheint mir die Anti Aging basierte Longevity Escape Velocity (= Lebenserwartung steigt dauerhaft schneller als die Zeit vergeht) eigentlich schon sicher widerlegbar zu sein.

Bei vielen Punkten machen die Prognostiker jedoch nur einen einfachen Fehler: Sie glauben, dass alles wesentlich schneller voran geht als es dann wirklich passiert. Sie unterschätzen die vielen Zwischenschritte, die erforderlich sind um da hin zu kommen, worum es bei den Prognosen dann geht. Der Weg in die Zukunft ist leider steiniger als man das so denkt und es kostet eben Zeit, die Steine aus dem Weg zu räumen. Die Zukunftsforscher haben langfristig in vielen Dingen recht, irren sich aber in den Zeiträumen.

Sowohl Weltraumfahrt als auch Genomforschung ist keine Disziplin für wenige Jahrzehnte. Wir haben es hier mit Themen zu tun, die Jahrtausende in Anspruch nehmen werden. Jawohl: Jahrtausende. Und wenn jetzt jemand glaubt, dies sei ein langer Zeitraum, dann irrt er sich. Denn bezogen auf die Menschheitsgeschichte ist ein Jahrtausend weniger als die Breite eines i Punktes bezogen auf den Monitor den du jetzt  vor dir hast. 1000 Jahre sind nichts.